Christina Haacke liest „Als Mama einmal unsichtbar war“

Darum geht’s: 

Hennies Mutter ist krank. Sie hat eine Krabbe in der Brust – zumindest ist das das, was Hennie verstanden hat, als man ihr gesagt hat, dass die Mama Krebs hat. Dieses Krabbenmonster ist schrecklich, aber noch viel schrecklicher ist, dass um Mama herum alles immer mehr verschwindet. Erst sind es nur die Wörter, dann das Lachen, dann die Kraft, dann die Mutter selbst. Hennie ist verzweifelt und kämpft dagegen an. Denn sie weiß, sie wird Mama immer sehen, auch wenn sie unsichtbar ist. 

Darum lesenswert:

Nur ein Wort: Sichtbarkeit! Dieses Buch trifft genau diese Problematik. Krebs ist immer noch viel zu oft ein Tabuthema. Außerhalb der Familien, aber auch innerhalb. All die Sorgen und Nöte, die Ängste oder Unsicherheiten werden oft nicht ausgesprochen, aus vielerlei Gründen. Man möchte die Kranke oder den Kranken nicht belasten, hofft, dass es unausgesprochen weniger real ist, will eine heile Welt suggerieren, möchte funktionieren, möchte nicht den Finger in die Wunde legen und so weiter und fort. Aber leider klappt das oft nicht, sondern führt eher dazu, dass die Angst noch größer wird. Es ist ein alter Spruch, aber der Satz „geteiltes Leid ist halbes Leid“ trifft es ziemlich genau. Auch wenn es um Kinder geht. Die haben nämlich oft viel größere Antennen für die Erwachsenen als umgekehrt. „Als Mama einmal unsichtbar war“ von Julia Rosenkranz nimmt sich dieser Thematik auf sehr einfühlsame Art und Weise an. Die kleine Hennie spürt genau, dass mit ihrer Mutter etwas nicht stimmt und deren Rückzug empfindet sie als Ausgrenzung. Es macht ihr Angst, dass Mama nach und nach „verschwindet“. Sie hat das Gefühl, alles zu verlieren. Und als ihre Wut ganz groß wird, da schreit sie sie heraus und ihre Mutter erkennt, dass Hennie sie braucht, auch und gerade, weil sie krank ist. 

Dieses Kinderbuch ist sehr berührend, sehr ehrlich, sehr erhellend. Auch die  Illustrationen von Nele Palmtag sind wunderschön anzusehen und zaubern oft ein Lächeln ins Gesicht. Es ist ein Buch für Kinder ab vier Jahren, aber auch für Erwachsene, die zweifeln und sich fragen, wie viel Wahrheit ein Kind aushalten kann. Die Antwort dieses Buches: Mehr als wir denken. Wir müssen uns nur trauen. Und die richtige Sprache finden. Denn niemand hat Angst vor dem Licht, sondern immer nur vor der Dunkelheit. 

Kurzcheck: „Als Mama einmal unsichtbar war“

Bester Moment im Buch: „Keiner hat Hennie gesagt, dass die Krebs-Maschine macht, dass Mama da ist und doch nicht da ist. Und dass Papa da ist, aber nie Zeit hat. Und überhaupt einfach alles anders ist.“

KuL-Lesenswert-Sterne: 5 von 5

Autor: Julia Rosenkranz

Illustrationen: Nele Palmtag

Verlag: Klett Kinderbuch

Für wen: Für Kinder ab 4 Jahren 

Format: gebunden, Hochformat

Preis: 16,00 Euro