Christina Haacke liest „Da spricht man nicht drüber“
Darum geht’s:
Jakobs Vater hat sich umgebracht. Nein, er hat sich selbst getötet. Dieser Unterschied ist wichtig, ist Jakob, seiner Mutter und auch seiner Schwester Tina wichtig. Jens, so hieß Jakobs Vater, hat sich im Wald erhängt. Alle wissen das, alle verhalten sich komisch, alle schweigen darüber. Jakob will das alles nicht, Jakob will die Wahrheit. Auch wenn sie weh tut. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg…
Darum lesenswert:
Dieses Kinderbuch war überfällig. Weil es ein Tabuthema bricht. Und damit meine ich nicht den Tod ansich, sondern das Thema „Suizid“. Das Ende ist gleich, die Akzeptanz eine ganz andere. Denn während der Tod durch eine physische Krankheit automatisch Mitgefühl verursacht, wird der Tod durch eine erkrankte Psyche anders behandelt. Fragen tauchen auf. Unverständnis mischt sich unter das Mitleid. Der Suizid wird als Makel betrachtet. Und mit all diesen Reaktionen müssen sich dann die Angehörigen neben der Trauer zwangsläufig auseinandersetzen. Nicht selten kommt auch noch die Scham dazu. Im Buch wird mit Hilfe Jakobs Gedanken dieses Tabu gebrochen. Er wehrt sich dagegen, er will verstehen, er ist sauer, er ist traurig, er muss jetzt damit leben, dass sein Vater sich selbst getötet hat. Die Autoren nehmen kein Blatt vor den Mund. Das zu lesen, tut manchmal weh, denn das Thema Suizid scheint für ein Kind im Grundschulalter so unendlich weit weg. Ist es aber nicht, wie aktuelle Statistiken zeigen. Jedes Jahr töten sich 11.000 Menschen in Deutschland. Im Schnitt hat jeder dieser Menschen sechs Angehörige und darunter sind eben auch Kinder.
Dieses Kinderbuch ist schwer ertragbar, aber auf eine gute Weise. Denn Wunden können erst heilen, wenn man sie genau betrachtet und gereinigt hat. In diesem Fall mit Worten und der Botschaft, die sie ausdrücken. Und die lautet: Du bist nicht allein. Du wirst das überstehen. Und du kannst nichts dafür.
Kurzcheck: „Da spricht man nicht drüber“
Stärkster Moment im Buch:
„Du warst viel weg. Und wenn du da warst, warst du nicht für uns da. Wir waren sauer auf dich, Mama, Tina und auch ich. Nicht, weil du Kummer hattest, sondern weil du uns davon so ausgeschlossen hast.“
KuL-Lesenswert-Sterne: 5 von 5
AutorInnen: Mechthild Hüsch, Ulrich Roth,
Illustrationen: Heinrich Hüsch
Verlag: Hüsch & Hüsch
Für wen: Für Kinder ab dem Grundschulalter
Format: Gebunden
Preis: 16,49 Euro