Christina Haacke liest „Finding Joy“

Darum geht’s:

Der Schotte Gary Andrews verliert völlig überraschend seine Frau Joy an einer zu spät bemerkten Blutvergiftung. Der Zeichner bleibt fassungslos zurück – zusammen mit seinen beiden Kindern Lily und Ben. Die erste Zeit ist hart, aber so nach und nach fasst er wieder Fuß – in seinem neuen Leben ohne Joy. Eine große Hilfe ist das Zeichnen. Er beginnt den Alltag als Witwer und Vater in Comics festzuhalten. Mal traurig, mal lustig, mal sarkastisch, mal dramatisch, aber immer voller Liebe und Dankbarkeit. Das Ergebnis: Eine Art Tagebuch der Trauer. Auf der Suche nach Heilung – und nach Joy.  

Darum lesenswert:

Es gibt Bücher über Trauer, die berühren. Und es gibt Bücher über Trauer, die einen umhauen. „Finding Joy“ gehört eindeutig zu den Letzteren. Nach zwei, drei Seiten habe ich geweint, nach vier gelacht, nach sechs still geschluchzt, nach neun wieder herzlich gelacht und am Ende hatte ich das Gefühl, einen Schatz in den Händen zu halten. Dieses Buch ist ein Wechselbad der Emotionen – und das fühlt sich unfassbar befreiend an. Vielleicht ist es der Humor, vielleicht die Authentizität, vielleicht die Form, vielleicht das besondere Schicksal dieser Familie. Wahrscheinlich ist es das ganze Paket. Und die Wucht, die es hat, die einen nämlich mitreißt, aber nicht unter sich begräbt. Gary zeichnet die zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau nach – im wahrsten Sinne des Wortes. In hunderten, kleinen Comicszenen kann man nachfühlen, wie es ist, ohne Joy leben zu müssen. Denn es ist, wie es ist: Das sind anfangs die Tage der Fassungslosigkeit, der Schrecken der Beerdigung, später die ersten Feiertage ohne Joy, der erste Todestag, Muttertag, Schulwechsel, Stress im Job, Pubertät. Gary hält alles fest, in knappen Worten umhüllt von kleinen Sprechblasen, dazu meist kurze Skizzen von sich und seinen Kindern – aber dieses „Wenige“ sagt so viel mehr, als jede vollbedruckte Seite es könnte. „Finding Joy“ ist ein Trauerbuch für junge und ältere Erwachsene. Für Menschen, die trauern, aber auch für die, die Trauernde besser verstehen möchten. Für mich ist dieses Buch eine große Überraschung, weil es so unkonventionell ist. Ein Schatz, weil gleichzeitig zu lachen und zu weinen den Kopf und das Herz herrlich erschöpft zurücklassen. Und ein bisschen auch ein Geschenk, weil Gary, Ben und Lily uns alle mitnehmen auf ihrer Reise, die begann, als Joy starb und wahrscheinlich niemals wirklich enden wird.

Denn es ist am Ende doch der Weg, der zählt. 

Bester Moment im Buch:

„Seit etwa einer Woche muss ich mich an mein neues Leben als Witwer gewöhnen, und wenn ich noch einmal jemanden höre, der behauptet, „Hausfrauen“ hätten es leicht… werde ich ihm eine knallen.“

KuL-Lesenswert-Sterne: 5* von 5!

Kurzcheck: „Finding Joy“

Autor: Gary Andrews

Verlag: Bastei Lübbe Verlag

Für wen: Für Erwachsene 

Format: Gebundenes Buch, Hochformat

Preis: 16,00 Euro